Wappen von Wedtlenstedt

2018 - Ein Angelhaken in Fridolins Schnabel



Der Wedtlenstedter Hans-Wilhelm Schrader berichtet von einem Drama, das der Schwan überlebt hat.

Von Harald Meyer

Wedtlenstedt. Seit Jahren sind sie Hans -Wilhelm Schrader ans Herz gewachsen — die Schwäne rund um seinen Heimatort Wedtlenstedt. Nun hat der Tier- und Naturfotograf ein Drama mit dem Schwan Fridolin erlebt — mit einem Happy End. „Er hatte einen riesigen Angelhaken im Schnabel“, fasst Schrader zusammen.
Was ist passiert? Bei seiner täglichen Visite hat Schrader den Teich des Angelsportvereins (ASV) Vechelde aufgesucht: „Der Angelteich ist sehr sauber, Angelsehnen habe ich kaum gefunden. “ Dort brüten die Schwäne Muppi und Fridolin schon im dritten Jahr. Muppi, die „Mama“, kennt Schrader seit ihrer Geburt vor sechs Jahren. BeiFridolin, dem „Papa“, entdeckte er nun einen „fürchterlichen Haken im Schnabel mit einer etwa zwei Meter langen Sehne, am Ende mit einem großen Bleigewicht“.
Alles Anlocken hat nichts geholfen: Fridolin haute ab. Auch mit der Hilfe des ASV und einem Wurfnetz war der Schwan nicht einzufangen. Wobei Schrader über diese Vögel sagt: „Schwäne — auch die vertrauteste Muppi — lassen sich nicht wie ein Hund oder eine Katze anfassen oder gar streicheln.“

Der Schwan entwischte auch den Booten der Feuerwehren.
Der Wedtlenstedter hat das Vechelder Rathaus aufgesucht, um dort um Hilfe zu bitten. Sofort hat die Verwaltung die Feuerwehr benachrichtigt. „Wieder am Teich angekommen, kam nach kurzer Zeit die Feuerwehr Sierße/Fürstenau mit einem Schlauchboot“, berichtet Schrader erfreut. Doch Fridolin war ür das Schlauchboot immer noch zu schnell.
Also ist die Wedtlenstedter Feuerwehr mit einem Motorboot dazugekommen. „Fridolin ließ sich aber nicht einfangen, er ist immer wieder durch Fliegen entwischt — und das mit dem Haken, der Sehne und dem Gewicht am Ende“, schildert der Wedtlenstedter die beklemmende Situation: „Irgendwann ist er verschwunden.“ Nach kurzer Beratung musste der Einsatz der Feuerwehren abgebrochen werden.
Und dann geschieht doch so etwas wie ein Wunder. Zusammen mit seiner Frau hat Hans -Wilhelm Schrader versucht, Fridolin — er lag im Schilf— mit Rufen und Futter anzulocken. „Er wollte auch kommen, aber irgendwas hielt ihn auf “, ist sich Schrader sicher. Mit den Flügeln habe der Vogel versucht nachzuhelfeh. „Nach mehreren Versuchen kam er aus dem Schilf ohne Angelschnur und Haken“, sagt Schrader: „Fridolin kam zu uns, als wenn es nie diesen widerlichen Haken gegeben hätte.“ Er habe kräftig süße Maiskörner gefressen, um umgehend Muppi beim Brüten abzulösen — ein „tolles Schwanenpaar“. Zurückgeblieben ist bei Fridolin nur eine Narbe am Schnabel.
Schraders Dank gilt der Gemeindeverwaltung und den Feuerwehren: „Ich bin stolz darauf, dass es so hilfsbereite Menschen gibt — und das ehrenamtlich. “
Der Wedtlenstedter appelliert, Rücksicht auf die Natur und die Tierwelt zu nehmen und keinen Unrat in die Landschaft zu werfen: „Flaschen sowie Dosen an den Teichen und das Schlimmste — Angelsehnen, teilweise mit Haken, die weggeworfen werden.“ Tagtäglich suche er freie Angelplätze nach Sehnen und Haken ab — „ich finde fast immer etwas.“

Schraders Appell: Mehr Rücksicht auf Natur und Tiere nehmen.
Jeden Morgen besucht Schrader im Übrigen „seine“ Schwäne an drei verschiedenen Teichen rund um Wedtlenstedt. Einer der Teiche sei im Privatbesitz einer Wedtlenstedterin, den Schrader nutzen dürfe: „Dort brütet ein behindertes Schwanenpaar“, erzählt er. Prinzessin, die Schwänin mit nur einem Auge, hat acht Eier im Nest. Ihr Partner Grunzer kann nicht laufen und ihr somit auch kaum beim Brüten helfen. „Beide versorge ich daher mit Weizen und Maiskörnern.“ Seit ihrer Geschlechtsreife haben die beiden Schwäne in zwei Jahren zehn Junge großgezogen. „An dem Teich stören nur die riesigen Graskarpfen, die aus der Hand fressen, und die Nutrias, die immer mehr werden“, weiß der Schwanen-Fachmann.
Die Feuerwehr Sierße/Fürstenau konnte den Schwan Fridolin vom Schlauchboot aus nicht einfangen. (Foto: Schrader)


(Braunschweiger Zeitung, 12.05.2018)