Wappen von Wedtlenstedt

Ein Sommer für die Weintrauben.



Wedtlenstedt   Den Beeren im Garten von Helmut Doll kommt die Wärme zugute.
Von Harald Meyer

Passender geht es nicht: Freudestrahlend zeigt Dr. Helmut Doll auf die Weintrauben in seinem Garten - er wohnt in Wedtlenstedt ausgerechnet an der Weinbergstraße. „Dieses Jahr sind die Beeren besonders gut", betont er. Wenn der 70-Jährige über Trauben und Wein ins, Plaudern kommt, leuchten seine Augen in dem bärtigen Gesicht. Ein Sommer für die WeintraubenPassend zum Thema steht Traubensaft ohne Alkohol auf den Tisch auf der Terrasse. Von dort geht unser Blick hoch zu den mehr als 30 Jahre alten Reben auf der Pergola, an denen die Trauben im satten Grün herunter hängen „Gutedel", nennt Doll die Sorte. Hinten im Garten - vorbei am Apfel und Zwetschgenbaum - sind weitere grüne Trauben (Silvaner) und rote Weinbeeren (Portugiese) zu bewundern. Allerdings: „Wein stellen wir aus den Trauben aber nicht her - das lohnt sich nicht bei diesen kleinen Mengen", berichtet Doll - also werden die saftigen Beeren einfach pur gegessen oder zu Marmelade verarbeitet. Wie kommt jemand aus dem hohen Norden Deutschlands zu dieser großen Liebe zu Weintrauben? Die Antwort ist einfach Doll ist gebürtiger Pfälzer, stammt aus Edenkoben/Kleinfischlingen: „Die Pfalz und der Wein, das gehört zusammen." Und so hat der Agrarökonom, der in der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) in Braunschweig gearbeitet hat, auch eine Weinbaulehre absolviert und Weinbau studiert. „Wir haben guten Boden in der Pfalz, und nun wird dort so viel Mais angebaut", bedauert Doll. Doch zurück zu den Weintrauben in seinem Garten. „Wir hatten dieses Jahr einen warmen Sommer - das ist gut für die Beeren", schildert Doll und spricht von einem guten Wein-Jahrgang. Im Gegensatz dazu sind Regen - also Feuchtigkeit - und Kälte Gift für die Trauben, denn dann droht Pilzbefall. Sogleich fallen in diesem Zusammenhang auch Fachbegriffe wie Grad Oechsle - das ist eine Maßeinheit für das Mostgewicht des Traubenmostes, also des unvergorenen Traubensaftes. Der viel beschriebene Klimawandel - er lässt sich Doll zufolge angesichts der Wetterfühligkeit auch an Weintrauben ablesen. „Im 16. Jahrhundert ist in Norddeutschland noch Wein angebaut worden", erinnert der Wissenschaftler. Durch die wettermäßigen Veränderungen habe sich der Anbau zwar längst nach Süden verlagert. Doll: „Aber möglicherweise führt der Klimawandel mit den immer wärmeren Sommern dazu, dass wir im Norden wieder gut Wein anbauen können." Bis es so weit ist, versorgt sich der Ortsbürgermeister bei seinen Besuchen in der Pfalz mit dem guten Tropfen - sein Favorit: der Spätburgunder, ein Rotwein.


(Braunschweiger Zeitung vom 17.09.2016)