Wappen von Wedtlenstedt

Die Kirche wird unter Druck gesetzt



WEDTLENSTEDT Die SPD-Politikerin Bärbel Kuschnik äußert sich zum Spielkreis und zu den Aktionen der Eltern.

Von Harald Meyer (Artikel der Braunschweiger Zeitung, 17. Dezember 2016)

Der von der Schließung bedrohte kirchliche Spielkreis in Wedtlenstedt - er beschäftigt auch Menschen außerhalb dieser Ortschaft. So meldet sich Bärbel Kuschnik zu Wort - ausdrücklich nicht als SPD-Mitglied im Vechelder Gemeinderat und als Ortsbürgermeisterin von Groß Gleidingen, sondern als „Mitglied der evangelischen Kirchengemeinde".
Bärbel Kuschnik meint: Warum die Spielkreis-Eltern und ihre Kinder beim Vechelder Bürgermeister Ralph Werner vorgesprochen hätten, „ist mir unverständlich". Denn das Spielkreisgebäude sei kirchliches Eigentum, und „Ansprechpartner kann in diesem Fall nur die Kirche sein". Auch dem Landesbischof Christoph Meyns haben die Eltern eine Liste (850 Unterschriften) zum Erhalt der Einrichtung überreicht.
Die Groß Gleidingerin sagt: „Es macht mich traurig, dass Eltern und Erzieherinnen die Kirche mit einer Unterschriftenaktion unter Druck setzen, um für 200 000 Euro ein marodes Kirchengebäude - einen ehemaligen Hühnerstall - zu sanieren, um 17 Spielkreiskindern den Besuch der staatlichen Kindertagesstätten in unserer Gemeinde zu ersparen." Täglich seien Bilder von hungernden Kindern auf der Flucht vor Krieg und Gewalt zu sehen, im Landkreis Feine seien 4000 Kinder von Armut betroffen. „Wo sind die 850 Menschen, die ihre Unterschrift gegeben haben, wenn es darum geht, diesen Kindern zu helfen?", fragt Kuschnik. Mit einem Beitritt zur Kirche und Zahlung von Kirchensteuern sei mehr Hilfe möglich als mit einer Unterschrift zum Erhalt des Spielkreises. Die Groß Gleidingerin, selbst Mutter, ist überzeugt: „ Sicher ist es für die 17 Kinder gar nicht so schwer, sich in bestehende Strukturen einzufügen, also die kommunalen Kindertagesstätten zu besuchen, die ebenfalls mit wertvollen pädagogischen Konzepten arbeiten - im Wissen darum, dass sie der Kirche durch ihren Verzicht die Möglichkeit geben, mit den 200 000 Euro an anderer Stelle große Not zu lindern."
Am Stand der Dinge hat sich bislang hingegen noch nichts geändert: Die Wedtlenstedter Kirchengemeinde und die Vechelder Propstei haben erklärt, die für die Sanierung des Spielkreises erforderlichen 200 000 Euro nicht aufbringen zu können - diese Arbeiten müssen aber vorgenommen werden, um den Betrieb über den 31. Juli des nächsten Jahres hinaus weiterzuführen. Die Landeskirche hat für Januar ihre Entscheidung zum Spielkreis angekündigt.


KOMMENTAR

Totschlag-Argument gegen die Wedtlenstedter Kinder
Von Harald Meyer
Der Kampf um den Erhalt des kirchlichen Spielkreises in Wedtlenstedt - er ist eigentlich schon verloren. Auch wenn sich die Landeskirche erst im Januar entscheiden will, ob sie die Sanierungskosten für die Einrichtung zumindest teilweise übernimmt, hat Landesbischof Christoph Meyns bereits das „Totschlag-Argument" geliefert: Der Spielkreis dürfe nicht zum Präzedenzfall werden - wenn die Landeskirche dafür Geld bereitstelle, kämen noch viele andere kirchliche Einrichtungen, und das sprenge die finanziellen Möglichkeiten der Landeskirche. Dagegen ist zu sagen: In Wedtlenstedt besteht dringender Handlungsbedarf, sonst gibt es die Schließung - das wird hoffentlich in den anderen Einrichtungen nicht so dramatisch sein.
Vielmehr ist es nach den Beobachtungen vieler Kommunen so: Die Kirche ziehe sich aus der Kinderbetreuung zurück - aus finanziellen Gründen. Sollte das stimmen, müsste die Kirche ihre Prioritäten ändern - oder klar sagen, dass sie sich an der staatlichen Aufgabe der Kinderbetreuung nicht mehr wie bisher beteiligen will. Wir sind doppelt gespannt auf die Entscheidung zum Kinderspielkreis.